Arbeit und Papierlosigkeit

Menschen ohne legalen Aufenthalt können nicht legal in Belgien arbeiten, weder als Selbständige, noch als Arbeitnehmer. Auch eröffnet Arbeit (über Arbeitsvertrag oder als Selbständiger) kein Aufenthaltsrecht in Belgien (EU Bürger ausgenommen). Die Beantragung eines Aufenthaltsrechts über einen Arbeitsvertrag kann nur in der Belgischen Botschaft des Herkunftslandes eingereicht werden und unterliegt bestimmten Regeln (siehe Kapitel Aufenthaltsrecht über Arbeit).  Wohl kann ein potentieller Arbeitgeber bescheinigen, dass er die betreffende Person einstellen möchte sobald die gesetzlichen Bedingungen dazu gegeben sind. Dies kann sich positiv auf einen Regularisierungsantrag auswirken, ist jedoch alleine nicht ausreichend einen Aufenthaltstitel zu erhalten. In 2009 gab es eine zeitlich befristete Regularisierungskampagne, während der ein Arbeitsvertrag zu einer Legalisierung des Aufenthalts führen konnte. Diese Maßnahme galt jedoch nur für Anträge, die zwischen dem 15. September und 15. Dezember 2009 eingereicht wurden.

Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung
Von Schwarzarbeit spricht man, wenn eine Arbeit im Auftrag eines Arbeitgebers ausgeführt wird, ohne dass diese Beschäftigung bei den entsprechenden Sozialversicherungs- und Steuerinstanzen angemeldet wurde.
Von illegaler Beschäftigung spricht man, wenn eine Person ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt wird. Papierlose verfügen nie über eine Arbeitserlaubnis.
Viele Menschen ohne Aufenthaltsrecht arbeiten ohne Arbeitserlaubnis und schwarz. Dies birgt Risiken, sowohl für die den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer.

Risiken für den Arbeitgeber:
Hohe Geldstrafen wegen der Beschäftigung von Menschen ohne Arbeitserlaubnis und wegen Schwarzarbeit
Im Prinzip muss der Arbeitgeber eine Unfallversicherung für jeden Beschäftigten abschließen, auch für illegal Beschäftigte. Tut er dies nicht, ist er im Falle eines Arbeitsunfalls verantwortlich für die Übernahme aller Kosten, die aus dem Arbeitsunfall resultieren.

Risiken für den Arbeitnehmer:

  • wer schwarz arbeitet, bezahlt  keine Sozialversicherungsbeiträge und baut keine sozialen Rechte auf (Arbeitslosigkeit, Rente,…)
  • illegal Beschäftigte oder Schwarzarbeiter werden oft ausgebeutet: schlechte Arbeitsbedingungen, Lohndiebstahl, Überstunden ohne entsprechende Bezahlung, Scheinselbständigkeit,…
  • Arbeitnehmer können nicht für illegale Arbeit bestraft werden. Aber wer keinen Aufenthaltstitel besitzt, kann nach einer Kontrolle ausgewiesen werden. Die Sozialinspektion wird bei diesen Kontrollen oft begleitet von der Polizei. Die Polizei ist verpflichtet, Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel beim Ausländeramt zu melden.
  • Wer noch Unterstützung erhält vom ÖSHZ kann diese verlieren

Arbeitnehmerrechte auch als illegal beschäftigter Arbeitnehmer?
Das Arbeitsrecht macht keinen Unterschied zwischen Arbeitnehmern mit legalem Aufenthalt und ohne legalem Aufenthalt. Das Gesetz garantiert jedem, ungeachtet seinem Statut, minimale Rechte:

  • Einen Mindestlohn von 8,77 € (gültig in 2012) oder mehr abhängig vom Arbeitsektor
  • Entschädigung bei einem Arbeitsunfall oder Entlassung
  • Maximum an zu leistenden Stunden (pro Tag, Ruhepausen,…)
  • Bezahlter Urlaub…

Arbeitsrechte in der Praxis
Arbeitsrechte sind für Papierlose in der Praxis nur schwierig einzufordern. Meist besteht kein schriftlicher Arbeitsvertrag. Ein  Beweis, dass man tatsächlich als Arbeitnehmer beschäftigt war, ist jedoch unerlässlich um sich auf die Arbeitnehmerrechte berufen zu können. Es ist daher wichtig, alle Beweise für die Beschäftigung zu sammeln (Fotos, Arbeitsvertrag, Mailverkehr, Adressen von Zeugen…).  Im Falle eines Missbrauchs oder eines Arbeitsunfalls können Zeugen oder Dokumente von großer Wichtigkeit sein.  In diesen Fällen sollte man sich an eine Gewerkschaft, an die Organisation für illegal Beschäftigte Arbeitnehmer: OR.C.A. , (Gaucheretstraat 164 – 1030 Brussel – Tel. +32 2 274 14 31 Email: info[at]orcasite.be) oder einen Anwalt wenden, bevor man rechtliche Schritte unternimmt, wie beispielsweise eine Klage bei der Arbeitsinspektion oder beim Gericht.
In gravierenden Missbrauchsfällen (physische Gewalt, Freiheitsberaubung, oder kaum oder gar keinen Lohn) sollte  man sich an einen auf die “Hilfe für Opfer von Menschenhandel” spezialisierten Dienst wenden: Für die Wallonie ist dies: Sürya asbl, Adresse: Rue Rouveroy 2, 4000 Liège Telefon:04 232 40 39

Arbeitsunfall
Der Arbeitgeber ist wie gesagt, verpflichtet für jeden Beschäftigten eine Unfallsversicherung abzuschliessen. Dies gilt auch für illegal beschäftigte Arbeitnehmer. Ohne Unfallversicherung muss der Arbeitgeber  persönlich für alle Kosten, die aus dem Arbeitsunfall resultieren, aufkommen. Für Hauspersonal (Putzhilfe, Babysitter, Gärtner,…) bieten die meisten Versicherungsgesellschaften relativ günsitge Versicherungen an, bei denen der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist den Namen (und das Statut) des versicherten Arbeitnehmers anzugeben.
Der Arbeitgeber muss einen Arbeitsunfall innerhalb von 8 Tagen bei seiner Versicherung melden. Akzeptiert diese die Übernahme der Kosten ohne Gerichtsverfahren müssen nicht unbedingt  negative Konsequenzen für den Arbeitgeber folgen. Gibt der Arbeitgeber den Unfall nicht an, kann dies auch der Arbeitnehmer selbst tun (bis zu 3 Jahren nach dem Unfall).

Wenn die Versicherungsgesellschaft nicht bekannt ist oder wenn es keine Versicherung gibt, kann der Arbeitnehmer den Unfall beim Fond für Arbeitsunfälle melden (Fonds des accidents du travail, Rue du Trône 100, 1050 Bruxelles – Tél. +32 2 506 84 11 )
Wird der Unfall vom Fonds als Arbeitsunfall anerkannt ist die Rückerstattung immer garantiert, auch wenn keine Versicherung abgeschlossen wurde vom Arbeitgeber. Der Fonds wird die Kosten jedoch in diesem Fall vom Arbeitgeber zurückverlangen.

Unter Umständen kann es länger dauern bis deutlich ist, ob die Versicherung (oder der Fonds) die Folgekosten des Unfalls übernimmt. Bis dies geklärt ist, sollte man das System der dringenden medizinischen Hilfe nutzen (siehe Papierlosigkeit und medizinische Versorgung)

Ehrenamtlich arbeiten?
Im Prinzip dürfen Menschen ohne Arbeitserlaubnis nicht  ehrenamtlich arbeiten. Dies wird jedoch so gut wie nie kontroliert und es wurde bisher nach unserem Kenntnisstand noch nie eine karitative oder soziale Einrichtung verurteilt für das Arbeiten mit Ehrenamtlichen ohne Arbeitserlaubnis und ohne Aufenthaltstitel.