Sozialhilfe oder materielle Hilfe während des Asylverfahrens

1. Normale Prozedur

Seit 2007 besteht für Asylbewerber im Prinzip kein Recht mehr auf eine finanzielle Hilfe, sondern auf eine materielle Hilfe in Form von einer Unterbringung in einem  Asylbewerberheim oder in einer  lokalen Aufnahmestruktur für Asylbewerber. Dieses Recht besteht ab dem Moment, wo Sie den Antrag einreichen und gilt für Sie und Ihre Familienmitglieder (Kinder und (Ehe-) Partner).

Die Materielle Hilfe umfasst dabei nicht nur die Unterbringung, sondern auch Nahrung, Kleidung, medizinische Versorgung, eine soziale,  psychologische und juristische Begleitung, Zugang zu Weiterbildungen und ein Taschengeld. Während der ersten 4 Monate erfolgt die Unterbringung meist in kollektiven Strukturen (Asylbewerberzentren), danach besteht die Möglichkeit, sofern es freie Plätze gibt, auf Unterbringung in einer kleineren Struktur, den sogenannten lokalen Auffanginitiativen.

Seit dem Jahr 2010 kann Fedasil, die für die Unterbringung zuständige föderale Behörde, Asylbewerber auch einem Öffentlichen Sozialhilfezentrum (ÖSHZ) zuweisen. In diesem Fall muss das ÖSHZ Ihnen eine finanzielle Unterstützung gewähren.  Die Zuweisung zu ÖSHZ´s ist jedoch nur in Ausnahmesituationen möglich, beispielsweise wenn die Asylbewerberzentren keine freien Plätze mehr haben.

Sobald Sie einen Asylantrag einreichen, wird das Ausländeramt den Dienst “Dispatching” von Fedasil kontaktieren. Dieser Dienst weist Ihnen dann einen Aufnahmeplatz zu. Sie können also nicht wählen, wo Sie untergebracht werden. Sie sollten allerdings erwähnen, wenn Sie bspw. eine der Landesprachen sprechen, oder eine bestimmte medizinische Versorgung benötigen, oder Verwandte haben, die bereits in einem Zentrum leben. Sobald Fedasil Ihnen einen Platz in einer Aufnahmestruktur zugewiesen hat, wird die  Adresse der Aufnahmestruktur als “obligatorischer Einschreibungsort” im Warteregister eingetragen (unter der Rubrik 207 – Code 207).

Achtung: die Zuweisung eines Zentrums bedeutet, dass Sie nur dort eine Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten. Sollten Sie sich entscheiden in einer privaten Wohnung zu leben, müssen Sie diese selbst finanzieren.  Allerdings haben Sie immer Recht auf medizinische Versorgung. Damit Ihre medizinischen Kosten von Fedasil übernommen werden, müssen Sie ein sogenanntes Requisitorium beim medizinischen Dienst von Fedasil beantragen.

Adresse:
Cellule de centralisation des frais médicaux -Rue des Chartreux 21- 1000 Bruxelles
Tel. (NL) :    02/213 43 00   –  Tel. (FR) :    02/213 43 25
Fax :         02/213 44 12
E-mail :     medic@fedasil.be

Die Personen, die sich nicht bei dem Ihnen zugewiesenen Zentrum melden ohne die zuständige Behörde darüber zu informieren, können sanktioniert werden, wenn Sie später dennoch materielle Hilfe beanspruchen möchten. Die Sanktion darf aber nicht daraus bestehen, die Person von der materiellen Hilfe auszuschliessen.

Dauer des Rechts auf materielle Hilfe

Die Zuweisung des Auffangplatzes gilt solange wie Ihre Asylprozedur, sprich:

  • Während der Prüfung des Antrags durch das Ausländeramt
  • Während der Prüfung des Antrags durch das Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose
  • Während der Einspruchsfrist um einen Einspruch  mit aufhebender Wirkung beim Rat für Ausländerstreitigkeiten einzureichen
  • Während dieses Einspruchsverfahrens

Das Recht auf materielle Hilfe gilt also ab dem Moment wo Sie den Asylantrag stellen bis zum Ende der Asylprozedur und der Frist die vorgesehen ist das belgische Staatsgebiet zu verlassen.

Achtung: Sie können  das Recht auf materielle Hilfe verlieren, wenn nur ein Einspruch ohne Aufhebende Wirkung möglich ist.

Dies ist der Fall bei folgenden Entscheidungen:

  • Belgien ist nicht zuständig für die Behandlung des Asylantrags (Sie erhalten eine Anlage/Annexe 26quater oder 25quater)
  • Nicht in Erwägung ziehen (non prise en considération) des Asylantrags eines EU Bürgers
  • Nicht in Erwägung ziehen des Asylantrags eines Antragstellers, der bereits in einem anderen EU Land als Flüchtling anerkannt worden ist.
  • Ab der dritten Entscheidung den Asylantrag eines Nicht Eu Bürgers nicht in Erwägung zu ziehen
  • bei sogenannten technischen Ablehnungen des Asylantrags (bspw. wenn Sie abwesend sind beim Anhörungstermin und nicht rechtzeitig eine gültige Erklärung für Ihr Fehlen abgegeben haben)

(Bemerkung: Im Falle einer Annexe 26quater oder 25quater: die Dublin III Richtlinie spricht  von einer effektiven Einspruchsmöglichkeit, möglicherweise ist hier die belgische Gesetzgebung nicht in Einklang mit EU Recht)