Änderungen in der Asylgesetzgebung

Am 22.03.2018 ist eine Reihe von Gesetzesänderungen in Kraft getreten, die vor allem die Asylprozedur in Belgien betreffen. Wir werden unsere Website in den kommenden Wochen dementsprechend aktualisieren.

Hier eine Übersicht der Anpassungen:

Internationaler Schutz: Im Gesetz spricht man fortan nicht mehr von Asylbewerbern, sondern von „Antragstellern auf internationalen Schutz“.  Dementsprechend stellt man keinen Asylantrag mehr, sondern einen Antrag auf internationalen Schutz.

Sicherer Drittstaat: Das Gesetz führt das Konzept des „sicheren Drittstaats“ ein. Wenn ein Antragsteller auf internationalen Schutz eine Beziehung zu einem Drittstaat hat (Familienangehörige, bereits dort gelebt, …), es annehmbar ist, dass er dort ein Aufenthaltsrecht erhält und er in diesem Staat sicher ist, kann das Generalkommissariat den Antrag auf internationalen Schutz aus diesem Grund ablehnen.

Folgeanträge: Bisher sprach man, bei einem zweiten, dritten oder weiteren Asylantrag von multiplen Anträgen. Im neuen Gesetz spricht man von Folgeanträgen. Diese sind fortan nur noch möglich, wenn eine definitive Entscheidung bezüglich des vorherigen Antrags vorliegt. Auch gilt ein zweiter oder dritter, … Antrag immer als Folgeantrag, unabhängig davon, ob die Person in der Zwischenzeit Europa oder Belgien verlassen hat, bzw. in sein Herkunftsland zurückgekehrt ist. Das Gesetz sieht ebenfalls vor, dass Folgeanträge immer in der Sprache des Erstantrags behandelt werden müssen.

Begleiteter Minderjähriger: Das neue Gesetz definiert ebenfalls die Rechte von Minderjährigen, die gemeinsam mit ihren Eltern oder anderen Sorgerechtsberechtigten nach Belgien gekommen sind und internationalen Schutz beantragt haben. Sie können im Rahmen des Verfahrens angehört werden,  wenn dies im Interesse des Minderjährigen ist.  Auch können begleitete Minderjährige einen eigenen Antrag auf internationalen Schutz stellen, wenn die Asylprozedur der Eltern abgeschlossen ist und die persönlichen Motive einen eigenen Antrag rechtfertigen.

Die Berücksichtigung von besonderen Verfahrensanforderungen ist nun im Gesetz aufgenommen und formalisiert.

Das Gesetz führt eine Definition von „Vernünftigen Bearbeitungsfristen“ seitens der Behörden ein. Demnach soll zum Beispiel ein normales Verfahren ab Vorlage des Antrags bis zur Entscheidung des Generalkommissariats nicht länger als 6 Monate dauern. Die Nichtbeachtung dieser Fristen hat jedoch kaum Auswirkungen, außer bei den sogenannten beschleunigten Verfahren. (Siehe Prozedur beim Generalkommissariat).

Einführung einer Annehmbarkeitsuntersuchung
bei EU Bürgern,
– bei Menschen, die einen internationalen Schutz in einem anderen EU- Land erhalten haben,
– bei Folgeanträgen
– bei begleiteten Minderjährigen
– bei Menschen mit einer Verbindung zu einem sicheren Drittstaat,
– und bei Menschen, die einen effektiven Schutz erhalten haben in einem ersten Asylland

Freiheitsberaubung von Antragstellern auf internationalen Schutz : Verankerung des Grundprinzips, dass niemand inhaftiert werden darf, nur weil er einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, und der möglichen Abweichungen (zum Beispiel: Risiko auf Untertauchen, Versuch der illegalen Einreise).

Risiko auf Untertauchen: Das Gesetz führt objektive Kriterien ein, anhand derer das Risiko eingeschätzt wird.

Befehl, das Land zu verlassen (OQT) wird nach Ende der Einspruchsfrist ausgestellt, oder, wenn ein Einspruch eingereicht wird, gegebenenfalls nach Entscheidung des Rates für Ausländerstreitsachen. (Also keine Anlage 35 mehr während Einspruchsverfahren)
Bei einem zweiten Folgeantrag (dritter Antrag auf internationalen Schutz) wird der Befehl, das Land zu verlassen, ausgestellt, sobald das Generalkommissariat den Antrag für Nicht-Annehmbar erklärt hat.
Es wird auch kein neuer Befehl, das Land zu verlassen, ausgestellt, wenn die betreffende Person bereits im Vorfeld eine solche Anweisung im Rahmen einer Asylprozedur erhalten hat.  Die Ausführbarkeit des Befehls wird für die Dauer der Untersuchung aufgehoben.

 

Beantragungsprozedur:

Die Beantragung des internationalen Schutzes umfasst nun 3 Etappen:

  1. Vorlage des Antrags: Die mündliche Äußerung, internationalen Schutz beantragen zu wollen (Möglich bei Grenzbehörden, beim Ausländeramt in Brüssel, bei den Direktoren von Strafeinrichtungen und bei der Polizei). Die betreffenden Einrichtungen stellen eine Anmeldungsbescheinigung aus.
  2. Registrieren des Antrags: die Registrierung kann nur das Ausländeramt in Brüssel vornehmen.
  3. Das Einreichen des Antrags beim Ausländeramt, bei einem Direktor von Strafeinrichtungen, geschlossenen Zentren, bei Grenzbehörden. Erhalt der Anlage 25/26 oder 25quinquies/26quinquies.

Der Antrag muss persönlich vorgelegt und eingereicht werden.

Fristen zur Vorlage des Antrags

  • Bei illegaler Einreise: innerhalb von 8 Tagen nach Ankunft in Belgien
  • Bei Kurzzeitaufenthalt: vor Ende des legalen Aufenthalts
  • Bei Langzeitaufenthalt: innerhalb von 8 Tagen nach Ablauf oder Entzug des Aufenthaltsrechts

Nichteinhalten dieser Fristen kann Auswirkungen auf die Prozedur haben (Beschleunigte Verfahren).

Das neue Gesetz sieht ebenfalls vor, dass fortan alle Originaldokumente, die die Nationalität und Identität des Antragstellers beweisen, mindestens für die Dauer der Prozedur einbehalten werden. Eine Rückgabe muss beantragt werden.

 

Prozedur beim Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose

Das Gesetz sieht nun verschiedene Arten von Prozeduren vor:

Standardprozedur: Dies ist die normale Prozedur, die angewandt wird, wenn es keinen Grund für eine beschleunigte Prozedur gibt und wenn kein Nichtannehmbarkeitsgrund vorliegt.
Auch können besondere Verfahrensanforderungen dazu führen, dass von der beschleunigten Prozedur abgesehen und die Standardprozedur angewandt wird.

Die Bearbeitungsfrist bei der normalen Prozedur beträgt 6 Monate. Die Einspruchsfrist beträgt 30 Tage (es sei denn, die Person wird festgehalten, dann 10 Tage).

Vorrangige Prozeduren: Diese Anträge werden prioritär behandelt. Die vorrangige Prozedur wird angewandt bei:

  • Personen, die im geschlossenen Zentrum oder in einer Strafanstalt festgehalten werden
  • Anträge, bei denen der Minister oder sein Delegierter dies anfragen
  • Anträge, die wahrscheinlich begründet sind

Beschleunigte Prozedur: Die Behandlungsfrist beträgt hier 15 Arbeitstage und wird angewandt bei:

  • Folgeanträgen
  • Antrag auf internationalen Schutz zu spät eingereicht
  • Weigerung, Fingerabdrücke zu geben
  • Gefahr für nationale Sicherheit oder öffentliche Ordnung
  • Antrag gestellt, um Ausweisung zu umgehen
  • Inkohärente oder widersprüchliche Informationen, falsche Aussagen
  • Sicheres Herkunftsland
  • Absichtliche Vernichtung von Identitätsdokumenten
  • Falsche Aussagen über Nationalität und/oder Identität

Die Einspruchsfrist beträgt 10 Tage, es sei denn, die Behandlungsfrist von 15 Arbeitstagen wurde nicht eingehalten (dann 30 Tage).

Bericht der Anhörung beim Generalkommissariat: Der Antragsteller auf internationalen Schutz oder sein Anwalt können eine Kopie dieses Berichts schriftlich beim Generalkommissariat beantragen. Letzteres muss Bemerkungen des Antragsstellers oder des Anwalts berücksichtigen, insofern diese in der Verfahrenssprache verfasst wurden, der Bericht innerhalb von 2 Arbeitstagen schriftlich beantragt wurde und die Bemerkungen innerhalb von 8 Tagen nach Bezeichnung des Berichts mitgeteilt wurden. Reagieren Anwalt oder Antragsteller nicht, wird davon ausgegangen, dass sie mit dem Inhalt des Berichts einverstanden sind.

 

 

Gesetzliche Basis

Richtlinie 2013/32/EU

Loi du 17.12.2017 change la loi du 15.12.1980, publié le 12.03.2018 (Nr 2017014422)
Loi du 21.11.2017 change la loi du 15.12.1980 et la loi du 12.01.2007, publié le 12.03.2018 (Nr 2017032079)

Parlamentarische Texte: Proposition de loi 2548 + 2549)

Der entsprechende Ausführungserlass ist noch nicht erschienen.